Aus dem Donaukurier vom 08.03.2020
Geschrieben von Ursula Kirschner
Auf großes Interesse gestoßen ist die "Wählbar" der Dietfurter Kolpingsfamilie am Freitagabend.
Alle Tische in der Sieben-Täler-Halle waren besetzt, der Schulparkplatz war komplett voll und der benachbarte Volksfestplatz gut zur Hälfte. Damit hatten sich ein paar Hundert Interessierte eingefunden, um sich anzuhören, was die drei Dietfurter Bürgermeisterkandidaten Bernd Mayr (FW), Helga Huber (CSU) und Angeliki Gleixer (Grüne) ihnen zu sagen hatten.
Das große Interesse freute auch Vize-Bürgermeister Oliver Kuhn (CSU) in seinem kurzen Grußwort. Als externer Moderator, der die Neutralität garantieren sollte, hatte sich Matthias Sommer aus Berching zur Verfügung gestellt.
Alle Dietfurter waren im Vorfeld dazu aufgerufen worden, ihre Fragen an die Organisatoren von Kolping zu melden. Die hatten mehrere Themenbereiche ausgemacht, zu denen die Bürgermeisterkandidaten ihre Vorstellungen äußern sollten. Sommer erklärte dem Publikum kurz die Regeln. Lediglich die Schwerpunkte seien den Kandidaten mitgeteilt worden, aber nicht die Fragen. Jeder von ihnen hatte jeweils drei Minuten Redezeit. "90 Minuten wie in einem Fußballspiel müssen reichen", befand der Moderator, eine Verlängerung sei nicht vorgesehen. Die Reihenfolge war ausgelost worden, so dass sich Angeliki Gleixner vor Huber und Mayr als erste kurz vorstellen durfte.
Digitalisierung / Mobilfunkausbau
Digitalisierung und Mobilfunk lautete nach der Vorstellungsrunde der erste Themenkomplex. Nachdem erstere weitgehend abgeschlossen ist, widmete man sich dem Mobilfunk. Auch wenn drei Masten in nicht allzuferner Zukunft den Empfang verbessern sollen, brennt das Problem den Dietfurtern nach wie vor unter den Nägeln, es war auch den Kandidaten vertraut. Einigkeit herrschte - wie zu vielen anderen Themen -, dass der Handyempfang besser werden muss. Huber, die bekanntlich nicht aus Dietfurt, sondern aus Freystadt kommt, wusste, dass 500000 Euro an Fördergeldern beantragt und auch zugesichert seien. Als Bürgermeisterin wolle sie zu den Funkanbietern Kontakt aufzunehmen. Wenn das zu nichts führe, ergänzte nach ihr Bernd Mayr, müsse die Gemeinde in Eigeninitiative einen Funkmasten aufstellen. Die Psychologin Gleixner, die zu allen Punkten an vorderster Stelle das Gespräch mit den Betroffenen oder Beteiligten suchen will, ging in dieser Sache mit ihren Vorrednern konform.
Generationen (Jugend / Familie)
Dann ging es um Jugend und Senioren. "Wir müssen Bauland anbieten können", betonte Mayr, um die junge Generation in Dietfurt halten zu können. Die Ganztagsbetreuung sollte weiter ausgebaut werden. Für geförderten Wohnungsbau und Leerstandsmanagement sowie die Unterstützung finanzschwacher Familien will Gleixner sich einsetzen und mit "kreativen Ideen" die Probleme angehen. Jung und Alt könnten in neuen Wohnprojekten zusammenwohnen.
Huber wusste als Leiterin des Bauamts am Landratsamt über die Problematik der Baulandausweisung gerade in Dietfurt bestens Bescheid und verwies auf das "zweischneidige Schwert", im Hochwassergebiet sei dies problembehaftet. Dennoch war auch für sie die Notwendigkeit, Bauland auszuweisen, unstrittig und ebenso wichtig wie die Verdichtung innerorts. Die Kinderbetreuung laufe recht gut, wusste Huber, flexible Angebote seien nötig, damit das auch so bleibt.
Mayr kritisierte den Verkauf des Geländes der ehemaligen Baywa an einen Bauträger. Dass der Geld verdienen wolle, sei legitim, so Mayr. Aber mit Mehrfamilienhäusern plane er am Bedarf vorbei, Eigentumswohnungen seien von jungen Familien im ländlichen Raum nicht gefragt.
Bei den Senioren konnte Mayr mit Martha Thumann punkten. Die Seniorenbeauftragte leiste "hervorragende Arbeit". Der Kandidat der Freien Wähler kritisierte, dass im Dietfurter Seniorenheim Kurzzeitpflegeplätze von Dauergästen blockiert würden, die Kurzzeitpflege müsste dringend ausgebaut werden. Spontanen Applaus erhielt er für den Satz, dass "endlich im Rathaus und im Töginger Schloss ein Aufzug gebaut werden sollte".
Für die Generation 65plus wünschte sich Gleixner mehr betreutes Wohnen, bessere Einkaufsmöglichkeiten und einen Generationentreff. Das Rufbus-Angebot müsse ausgeweitet werden. Positiv erwähnte sie, dass das Dietfurter Seniorenmobil den dringend erforderlichen größeren Akku für mehr Reichweite bekommt.
"Neue Wohnformen, einen Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege und die Gründung einer ehrenamtlichen Nachbarschaftshilfe, deren Fäden im Rathaus zusammenlaufen, sah Huber als Aufgabe für den oder die künftige(n) Rathauschef(in).
Hochwasserfreilegung
Dann war man bei der Hochwasserfreilegung angelangt. Der Bau der Flutmulde-Ost hatte - obwohl längst beschlossene Sache - jüngst im Wahlkampf für Aufregung gesorgt. Helga Huber stellte klar, dass Dietfurt das einzige festgesetzte Überschwemmungsgebiet im Kreis Neumarkt besitzt. Am Bau der Flutmulde-Ost sei nicht zu rütteln, damit die Stadt zukunftsfähig bleibt. Zuständig sei das Wasserwirtschaftsamt. Ein Ausbaggern der Laber bringe bei einem Hundertjährigen Hochwasser nichts und sei bei weitem nicht ausreichend, so Huber.
Mayr wollte die festgestellten Messwerte erneut hinterfragt haben, schließlich habe das Wasserwirtschaftsamt die maximalen Durchflussmengen bereits nach unten korrigiert. Die Kosten für den Bau seien nicht zu stemmen, betonte Mayr. Hier ging er mit Huber nicht konform, wohl aber mit Gleixner. Die Grünen-Politikerin würde die Entscheidung gerne aufheben, es sei "viel zu wenig" darüber gesprochen worden. Huber hingegen rechnete vor, dass von den 12 bis 14 Millionen Euro, die im Raum stehen, abzüglich der Pflegekosten für die Flutmulde - hochgerechnet auf 100 Jahre - und des 50-prozentigen Zuschusses durch den Freistaat zwei bis drei Millionen Euro für die Stadt übrig bleiben. Diese Summe werde Dietfurt nicht handlungsunfähig machen, war sie sich sicher. Die Fachleute in den Behörden leisteten gute Arbeit leisten und dürften nicht ständig diskreditiert werden, merkte Huber außerdem an. Die vorgelegten Zahlen hätten sicher ihre Richtigkeit. "Ein Nachverhandeln ist außerdem laut Gemeindeordnung nach dem Beschluss im Stadtrat gar nicht zulässig."
Vereine / Ehrenamt
Dann war man wieder in ruhigerem Fahrwasser. Beim Themenkomplex Vereine und Ehrenamt waren sich im Grunde alle Kandidaten einig. "Ohne das Ehrenamt wäre vieles in Dietfurt nicht möglich", brachte es Mayr auf den Punkt und konnte sich wie Gleixner die Schaffung einer eigenen Ehrenamtskarte vorstellen. "Die gibt es im Kreis schon", so Huber, aber "Draufsatteln" könne man auf diese durchaus noch. Sie berichtete von Gesprächen im Landratsamt, wonach eine Beratungsstelle für Ehrenamtler aus den Vereinen als "Hilfestellung im Paragrafendschungel" geschaffen werden soll.
Dass das Dietfurter Jugendparlament, welches das erste im Kreis Neumarkt war, eine gute Sache war und bleiben soll, auch darin bestand kein Zweifel. "Das Jugendparlament ist ohne Frage wichtig", sagte Mayr, wies aber darauf hin, dass das Interesse der Jugendlichen durchaus ausbaufähig sei. Weniger als zehn Prozent hätten sich an der Wahl des ersten Jugendparlaments beteiligt. Die vielen jungen Kandidaten auf den Stadtratslisten wertete er hingegen als positives Signal dafür, das die Jugend durchaus politisch interessiert sei.
P53 / Stromtrasse
Beim Thema Stromtrasse gingen die Meinungen dann wieder auseinander. Während Mayr bekanntlich Gründungsmitglied der Bürgerinitiative gegen den Bau der Juraleitung P53 ist und sich auch weiter vehement dagegen einsetzen will, setzen die Damen auf Verhandlungen. Gleixner als Mitglied der P-53-Allianz meinte "Wir werden darum nicht herumkommen", es gelte, die Betroffenheit so gering wie möglich zu halten. Gleixner, die stromautark lebt, sprach sich uneingeschränkt für eine dezentrale Stromversorgung aus. Huber meinte, die Stadt sei hier nicht der Entscheidungsträger, sondern die Bundesnetzagentur, sprich der Staat. Es gehe darum, die Beeinträchtigungen für Dietfurt so gering wie möglich zu halten. Hier sei schon so einiges geschehen, so wurde Stetterhof vom Weiler zur Ortschaft aufgewertet, wodurch sich der Abstand zur Trasse von 200 auf 400 Meter erhöht.
Tourismus
Kurz wurde noch der Fremdenverkehr thematisiert, bevor die 90 Minuten vorbei waren. Zur dessen Stärkung wünschte sich Gleixner "kreative und schräge Ideen". Sie konnte sich einen chinesischen Park vorstellen, außerdem brauche es mehr Schnellladesäulen für Pedelecs und E-Fahrzeuge. Huber meinte, dass man das Rad hier nicht neu zu erfinden brauche. Wenn man sich am Beispiel Beilngries orientiere, liege man nicht falsch. Es fehle an Radlständern, war ihr aufgefallen. Der Wochenmarkt und die Regionalität müssten verstärkt werden.
Mayr warnte davor, nur auf das Alleinstellungsmerkmal des Chinesenfaschings zu setzen. Dietfurt habe "eine wunderschöne Landschaft und ein wunderschönes Freibad".