Aus dem Donaukurier vom 22.07.2019 Von Isabel Ammer
Mit einem bunten Festumzug hat die Kolpingsfamilie den Sonntagmorgen in Dietfurt eingeläutet. Zahlreiche Besucher und befreundete Vereine nahmen am Gottesdienst und dem offiziellen Programm zum 150-jährigen Bestehen teil. Dabei wurde nicht an Lob und guten Wünschen für die Zukunft gespart.
Um kurz nach acht fällt der letzte Tropfen - gerade als der Festzug in Dietfurt Aufstellung nimmt. Ob es nun mit dem Schirmherrn oder dem Beistand von oben zusammenhängt, bleibt umstritten - das Ergebnis ist in jedem Fall erfreulich: Die Kolpingsfamilie und ihre vielen Gäste können ihren langen Festzug durch die geschmückten Dietfurter Straßen im Trockenen genießen.
Von den durchfeierten Nächten, die sie schon hinter sich haben, ist ihnen am Sonntagmorgen nichts anzumerken: Die Kolpingsfamilie präsentiert sich herausgeputzt und fahnengeschmückt im vollen Zelt.
Eine bewegte Predigt hat der Bundespräses und Hauptzelebrant Josef Holtkotte beim Kolpingsjubiläum gehalten. Der Kölner begrüßte die Bayern in Dietfurt launig und freute sich, dass der Glaube sie alle verbindet - aber auch Kolping. Und das nicht nur von Bayern bis Köln, sondern in über 60 Ländern weltweit.
Seine Predigt hängte er auf an einem Zitat Kolpings: "Ohne Gott kein Friede und kein Glück." Und er blickte auf die Gläubigen, die sich einsetzen, in einer freien Gesellschaft, in der Kirche. "Das ist es, was euch aufgetragen ist, diese Welt zu gestalten, denn wir haben keine andere." Holtkotte fragte, ob der Glaube heute schwieriger zu leben sei als früher? Und gab die Antwort: "Wir bezeugen einen lebendigen Gott." Und zwar im Einsatz mit und für andere, so wie auch Kolping selbst. Dennoch lebe der moderne Mensch heute womöglich oft knapp am Glauben vorbei. Vielleicht habe Gott für manchen weniger Bedeutung, weil ihm der Glaube wie von gestern scheine, und auch die von der Kirche selbst geschaffenen Skandale würden ihren Teil beitragen. Umso wichtiger sei es, Gott "durch unser Tun und unseren Glauben in der heutigen Welt ankommen zu lassen".
Der Bundespräses riet den Gläubigen im vollen Festzelt: "Wir müssen uns viel mehr abgewöhnen, auf andere zu schauen." Es komme auf jeden selbst an, auf die Zeichen der Liebe und der Nähe Gottes, die des Glücks und Friedens - Zeichen, die gerade die heutige Welt so dringend brauche. "Und ich glaube, dass hier solche Zeichen gesetzt werden", sagte er mit Blick auf die Dietfurter. Jene, die sich engagieren, sich einbringen, die Gott in der Welt erkennen und danach handeln - "das ist für mich Kirche und das ist alles andere als von gestern".
Die offene und demokratische Gesellschaft bezeichnete der Kölner als zerbrechliches Modell - die Aufgabe der Christen sehe er auch darin, dieses zu stärken und vorzuleben. "Es geht um die Bereitschaft, sich einzubringen - hier und jetzt." So, wie es in Dietfurt längst der Fall ist.
"Dietfurt versteht zu feiern", weiß auch Bürgermeisterin Carolin Braun und zollt der Kolpingsfamilie ihren Respekt: "Es ist ein ganz toller Verein und ich möchte mich bedanken für 150 Jahre Arbeit in unserer Gemeinde." Gerade das junge dreiköpfige Vorstandsteam hebt sie hervor: Ein Modell, das man gerne auf viele Vereine übertragen würde. Doch die Verjüngung sei nicht überall einfach. Umso mehr sehe man bei Kolping, dass es nicht nur um Geselligkeit gehe, "sondern, dass auch Werte dahinter stehen". Braun hebt den Mut hervor, diese Werte auch nach außen zu tragen.
"Wir als Teil von Dietfurt", so sieht Simone Kuffer vom Vorstandsteam die Kolpingsfamilie. Über 280 Mitglieder hat sie inzwischen, die Idee von vor 150 Jahren "hat einen Funken entzündet, der sich wie ein Lauffeuer ausbreitet". Als "verwegen" bezeichnet Nikolaus Landa vom Vorstandsteam den Vorstoß, einen Staatssekretär um die Schirmherrschaft für das Fest zu bitten. Dass nun ein Staatsminister seine schützenden Hände über die Feier hält, freut den Kolpingsverein natürlich umso mehr. "Der Mut wurde belohnt", weiß Landa.
Stolz auf seine Rolle als Schirmherr präsentiert sich dann der bayerische Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Albert Füracker. "Hier leisten Menschen seit 150 Jahren Großartiges", bescheinigt er dem Jubelverein. Und blickt zurück auf jene Gründungszeit. Damals wurde gerade der Grundstein für Neuschwanstein gelegt, in Heidelberg wurde die erste Nierenoperation vorgenommen - und in Dietfurt wurde ein Gesellenverein gegründet. Die Lebenssituation war sicherlich eine andere, schwierigere, weiß Füracker. Umso mehr solle man heute auch mal dankbar sein, auch dankbar dafür, auf der glücklicheren Seite der Erde geboren zu sein. Er selbst sei womöglich in einer Generation geboren, die im Frieden geboren ist und im Frieden dereinst aus der Welt scheiden darf.
Über 110 junge Mitglieder hat der Verein in seinen Reihen, "die Frage, wie es weitergeht, ist damit längst beantwortet", so Füracker. Dennoch: "Wir leben in einer Umbruchphase." Er nennt unter anderem die Digitalisierung. Umso wichtiger sei es, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern, "denn das brauchen wir, damit sich niemand alleine gelassen fühlt". Und so lebe auch die Botschaft Kolpings weiter. Die Kolpingsfamilie Dietfurt habe dazu einen großen Beitrag geleistet - die 150 Jahre und die schöne Feier solle aber nicht nur dazu dienen, zurückzublicken, rät Füracker. Vielmehr sollten sie eine neue Motivation und ein Start in die nächsten Jahrzehnte sein.
"Wer Menschen gewinnen will, muss sein Herz zum Pfand einsetzen", zitiert auch Diözesanpräses Stefan Killermann Kolping. Seit 1869 habe die Dietfurter Kolpingsfamilie den Menschen Hilfe und Orientierung gegeben. Ein tragendes Netz, das Jüngere und Ältere zusammenhält und verbindet. Und er gab den Mitgliedern mit auf den Weg, mutig und mit Gottvertrauen in die Zukunft zu gehen.
Am Nachmittag gab es für die Kinder eine Puppentheateraufführung, man konnte zuschauen, in welches Feld die Kuh "Liberty" den ersten Fladen setzte, außerdem wurde fleißig Kaffee und Kuchen angeboten.